Konzept

Das Netzwerk „Kritische Migration- und Grenzregimeforschung“ (kritnet) hat sich 2008 mit dem Ziel gegründet, eine dezidiert linke kritische Wissensproduktion zu Migration, Rassismus und Grenzpolitiken am Schnittpunkt von Universität und außer-universitären Bewegungen und Initiativen zu fördern. Mittlerweile sind in Folge von Flüsterpropaganda an die 200 Personen aus Wissenschaft, Kunst und Aktivismus dem Netzwerk beigetreten, was auf den großen Bedarf verweist, einen kritischen interdisziplinären Diskursraum zu den Themen zu organisieren. Denn die herkömmliche wissenschaftliche Forschungslandschaft und universitäre Ausbildung ist gerade auf diesen Feldern zum einen weiterhin inhaltlich verstrickt in die Produktion von staatstragenden Wissensinhalten zum anderen ist sie an Hochschulen im deutschsprachigen Raum nur gering institutionalisiert.
Das Netzwerk hat seit seiner Gründung über halbjährliche Treffen, inhaltliche Vernetzungsprojekte, eigene Publikationen und politische Interventionen in die allgemeine öffentliche Debatte wie den breit publizierten Stellungnahmen „Demokratie statt Integration“ als Reaktion auf Sarrazins Thesen und „Freiheit statt Frontex“ bereits einen gewissen Wirkungsradius in der Akademie und im politischen Feld erzielt.
Mit dem 8. kritnet-Treffen während der dOCUMENTA wollen wir nun unsere Debatten über den Stand und die Zukunft kritischer Migrations- und Grenzregimeforschung internationalisieren. Wir möchten dazu bekanntere WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Ländern und Zonen dieser Welt (USA, Kanada, Europa, Lateinamerika, Nordafrika, Osteuropa), die selbst an der Formulierung einer kritischen Perspektive arbeiten, einladen, ihre Erfahrungen, Ansätze und Organisationsmodelle mit uns zu teilen und unsere Forschungs- und Aktionsansätze kritische zu reflektieren. Einzelne Mitglieder von kritnet sind seit vielen Jahren in unterschiedlichen regionalen und transnationalen aktivistischen Netzwerken aktiv und unterhalten bereits zu verschiedenen angefragten WissenschaftlerInnen, KulturpoduzentInnen und Initiativen Kontakte.
Es wäre jetzt an der Zeit der Globalisierung des Europäischen Migrations- und Grenzregimes auch auf der Seite einer engagierten Wissensproduktion am Schnittpunkt von Aktivismus, Kulturproduktion und Wissenschaft etwas entgegenzusetzen. Es wäre an der Zeit, der EU-finanzierten, neoliberalen Forschungsförderung und hegemonialen Wissensproduktion ein anderes Verständnis von akademischer Wissensherstellung und -inhalten entgegen zu halten und praktische Schritte seiner Vernetzung zu gehen. Hierzu denken wir, dass der Kontext der dOCUMENTA (13) sehr geeignet ist und auch vor Ort verschiedene Anknüpfungspunkte liefert. Zudem wäre es ein Terrain, auf dem wir unsere Schnittstellenpositionierung von Aktivismus, Kulturproduktion und Wissenschaft noch stärker öffentlichkeitswirksam machen können.