Grenzregime – Diskurse, Praktiken, Institutionen in Europa

Sabine Hess/Bernd Kasparek
Grenzregime. Diskurse, Praktiken, Institutionen in Europa
ISBN 978-3-935936-82-8 | 296 Seiten | 5 Abbildungen | Assoziation A | Juli 2010 | 18.00 € / 30.90 sF

Spätestens die Erstürmungen der spanischen Enklaven Ceuta und Mellia durch hunderte MigrantInnen im Jahr 2005 hat die Vorverlagerung des europäischen Grenzregimes weit über die Grenzen der Europäischen Union in seiner ganzen Dramatik und Konfliktualität zum Ausdruck gebracht.

Die 17 Artikel des vorliegenden ersten Bandes des „Netzwerks kritische Migrations- und Grenzregimeforschung“ (www.borderregime.eu) spüren den Dynamiken, zentralen alten und neuen Akteuren (UNHCR, IOM, FRONTEX, CIGEM usw.), Diskursen und Praktiken des europäischen Grenzregimes nach. Dabei waren die AutorInnen aus den Sozial-, Kultur- und Politikwissenschaften vor Ort in der Ukraine, in Marokko, in der Türkei, in Mali, dem Kosovo und vergleichend in den Amerikas.

Die Beiträge berichten von dem Begehren und den Taktiken der Migration ebenso wie sie neue Ansätze zur Migrationskontrolle skizzieren können. Sie zeigen, wie die nationalstaatlichen Kontrollansätze, die sich meist noch in einer Logik von Territorium und Repression bewegen, auf europäischen Ebene zunehmend durch neue Ansätze ergänzt werden, die sich auf fließende Räume abgestufter Rechte und wissens-gestützte „Management“-Ideen stützen und eine Vielzahl von neuen Akteuren aus dem Bereich der Zivilgesellschaft und internationalen Organisationen einbinden.

Die interdisziplinären Beiträge loten aber auch die theoretischen und methodischen Möglichkeiten einer anderen, kritischen Migrations- und Grenzregimeforschung aus, die sich gegen gängige Problemkonzeptionen von „Migration“ und eine immer mehr der Politikberatung verschriebenen Migrationsforschung wendet. Sie stellen sich in die Perspektive der Migration selbst und erklären das Recht auf grenzüberschreitende Mobilität als orginären Ausgangspunkt wissenschaftlichen Arbeitens. Hiermit skizzieren die 17 in diesem Band versammelten Artikel eine alternative Wissensproduktion am Schnittpunkt von Theorie, Empirie, Kunst und Aktivismus, wie sie das Netzwerk kritische Migrations- und Grenzregimeforschung im europäischen Raum voranzubringen versucht.

Inhaltsverzeichnis
Bernd Kasparek, Sabine Hess: Perspektiven kritischer Migrations- und Grenzregimeforschung
Paolo Cuttitta: Das europäische Grenzregime: Dynamiken und Wechselwirkungen

Verortungen
Gerda Heck: Migrationsmanagement und migrantische Strategien am Beispiel Marokkos
Marc Speer: Die Ukraine als migrantisch genutztes Transitland
Stefanie Kron: Der »Puebla-Prozess« und die Transnationalisierung der Migrationspolitik in Mittelamerika

Akteure
Philipp Ratfisch, Stephan Scheel: Die Rolle des UNHCR bei der Externalisierung des EU-Migrationsregimes
Bernd Kasparek: Die Grenzschutzagentur Frontex
Jill Jana Janicki, Thomas Böwing: Europäische Migrationkontrolle im Sahel
Fabian Georgi: Die International Organization for Migration (IOM)

Praktiken
Eva Bahl, Marina Ginal, Sabine Hess: Der Anti-Trafficking-Diskurs auf lokaler und europäischer Ebene
Stephan Dünnwald: Politiken der »freiwilligen« Rückführung
Silja Klepp: Die Politik der EU auf dem Mittelmeer zwischen Grenzkontrolle und Flüchtlingsschutz
Tobias Pieper: Das Lager als variables Instrument der Migrationskontrolle

Theoretische und methodische Ansätze
Sabine Hess, Vassilis Tsianos: Ethnographische Grenzregimeanalyse als Methodologie der Autonomie der Migration
Fabian Wagner: Anmerkungen zu Migration und materialistischer Staatstheorie
Serhat Karakayalı: Forschung über illegale Migration
Labor k3000, Peter Spillmann: Der kartografische Blick versus Strategien des Mapping